Die Geschichte des Bellevue-Saals
Wie aus dem Speise-Saal vom Hotel Bellevue der Ausstellungs-Raum Bellevue-Saal geworden ist.
Das Haus, in dem der Bellevue-Saal ist, hat eine lange Geschichte. Das wissen wir aus einer alten Hotel-Zeitschrift. Sie hat 1936 über das Jubiläum vom Hotel Bellevue berichtet. In dem Bericht steht: Da, wo jetzt das Hotel ist, war früher ein Mietshaus mit drei Stockwerken. Das Haus war damals schon mehr als 100 Jahre alt. Es steht schon in einer amtlichen Akte aus dem Jahr 1820.
1864: Das Miethaus wird zum Hotel
Im Lauf der Zeit hatte das Haus viele Besitzer. Irgendwann ist es dann zum Hotel geworden. Das Hotel hieß »Schmitt’s Privat-Hotel«. 1864 hat Karl Werminghoff das Hotel gekauft. Er hat es vergrößert und »Belle-Vue« genannt.
Die Hotel-Zeitschrift zählt in ihrem Bericht viele berühmte Gäste auf, die in dem Hotel gewohnt haben. Auch viele Adelige waren damals Gäste im Hotel. Manche haben sogar längere Zeit dort gewohnt und eine Kur gemacht.
1884: Das Hotel bekommt einen Speise-Saal
Nach 20 Jahren hat Karl Werminghoff das Hotel an Victor Kleeblatt verkauft. Kleeblatt hat das Hotel umgebaut und modernisiert. Außerdem hat er einen Speise-Saal eingerichtet. Darin hat er ein Restaurant betrieben. Das Restaurant wurde überall sehr gelobt.
Victor Kleeblatt hat außerdem eine Weinhandlung aufgemacht. Auch damit war er sehr erfolgreich. Er hat Weine nach Holland, England und Amerika geliefert. Auch viele Hotel-Gäste kamen in dieser Zeit aus dem Ausland. Vor allem aus Amerika, Holland und Frankreich. Den Gästen aus Frankreich hat der französische Name »Belle-Vue« gefallen. Victor Kleeblatt hatte selbst viele Bekannte in Frankreich. Er hat nämlich lange in der Stadt Versailles als Ober-Kellner gearbeitet. Sicher haben viele von seinen Bekannten das Hotel »Belle-Vue« empfohlen.
Die Hotel-Zimmer sind damals mit Öfen geheizt worden. Nur im neu gebauten Speise-Saal war eine Warmwasser-Heizung. Für die Kur-Gäste gab es Thermal-Bäder mit Wasser aus den heißen Quellen von Wiesbaden. Das heiße Wasser für die Thermal-Bäder musste in Fässern gebracht werden. Damals gab es auch keinen Aufzug im Hotel. Den hat erst der nächste Besitzer eingebaut.
1904: Der Bellevue-Saal von heute entsteht
1904 hat Victor Kleeblatt das Hotel wieder verkauft. Neuer Besitzer wird Wilhelm August Hees. Er will seinen Gästen moderne Zimmer mit viel Komfort bieten. Deshalb reißt er das alte Haus ab und baut das Hotel neu. Dieser Neubau ist das Haus, in dem heute der Bellevue-Saal ist.
Das Haus wurde mit der neuesten Technik gebaut, die es damals gab. Es ist ganz aus Sandstein und Eisen und kann deshalb nicht so leicht brennen. Innen im Haus ist es sehr ruhig. Die Wände und Decken sind dick. Und überall sind doppelte Fenster und Türen. So konnten sich die Kur-Gäste gut erholen. Auf allen Stockwerken waren Thermal-Bäder. Hier ist das Wasser direkt aus der heißen Quelle gekommen. In den Zimmern hat es fließendes kaltes und warmes Wasser gegeben. Und eine Zentral-Heizung.
1987: Das Kultur-Amt zieht im ehemaligen Hotel ein
1987 ist das Kultur-Amt von der Stadt Wiesbaden in das Hotel eingezogen. Ein Jahr später hat das Kultur-Amt die erste Ausstellung im alten Speise-Saal gemacht. Der Saal ist deshalb »Galerie Bellevue« genannt worden.
Die Stadt hat damals viel Geld für die Ausstellungen ausgegeben. Sie hat damit viele Künstler unterstützt. Nach ein paar Jahren hatte die Stadt kein Geld mehr für die »Galerie Bellevue«. Beinahe hätte die Galerie Ende 1993 zu machen müssen. In der Zeitung Wiesbadener Tagblatt hat schon gestanden: »Die Stadt kann die Künstler nicht mehr unterstützen. Keine Ausstellungen mehr in der Galerie Bellevue.«
1993: Die rettende Idee
Da hatten zwei Männer eine gute Idee für die Rettung von der Galerie: Helmut Schulze und Gottfried Hafemann. Sie waren die Vorsitzenden vom »Verein zur Durchführung künstlerischer Projekte mit gesellschaftlicher Relevanz«. In dem Verein haben die Mitglieder selbst Ausstellungen gemacht. Das haben sich Schulze und Hafemann überlegt: Immer zwei Künstler sollen zusammen eine Ausstellung im Bellevue-Saal machen. Immer ein Künstler aus Wiesbaden und ein Künstler von auswärts. Das war ein Erfolg. Bis heute werden viele Ausstellungen im Bellevue-Saal so gemacht. Und das Geld für die Künstler kommt jetzt vom Verein, nicht mehr von der Stadt.
Heute
Das neu gebaute Hotel »Bellevue« ist am 15. Februar 1906 eröffnet worden. Seit diesem Tag gibt es also den Bellevue-Saal, den wir heute kennen. Aber die Zeiten vom Speise-Saal sind vorbei. Jetzt ist die Kunst darin eingezogen.
Seit mehr als 20 Jahren wird im Bellevue-Saal Kunst gezeigt.
Es wird über Kunst gesprochen und gestritten.
Und es wird gefeiert.
In der Beschreibung von den Ausstellungen können Sie sehen, was im Bellevue-Saal schon alles passiert ist: Es ist jedenfalls nicht langweilig!
Bild: Min Jeong Seo, Seoul/Korea > Stipendiatin > Summe im Augenblick (18.11. –12.12.2010), Credit: Gertraud Hasselbach